24.05.2022
N°1 2022

Kurzmeldungen

Neue Rechtsgrundlage für die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Weiterbildung

Im Februar 2022 hat der Bundesrat die neue Verordnung zum Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung (VIZMB) verabschiedet; das zugehörige Gesetz war bereits im September 2020 vom Parlament verabschiedet worden. Die Verordnung und das Gesetz sind per 1. April 2022 in Kraft getreten. 

Mit der neuen Rechtsgrundlage führt der Bund die bisherige Tradition der Förderung der internationalen Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung weiter. Dabei stehen die Kooperation mit der EU und die internationale Berufsbildungszusammenarbeit im Vordergrund. Im Vergleich zur vorherigen Gesetzesgrundlage gelten seit 1. April 2022 jedoch flexiblere Regeln.

Neben den internationalen Kooperationsprojekten zwischen Bildungsinstitutionen und den individuellen Mobilitätsaktivitäten werden mehrere weitere Fördermassnahmen in den aktualisierten Gesetzesgrundlagen verankert. Insbesondere können die entsprechenden Projekte künftig über das EU-Gebiet hinausgehen. 

Schlussevaluation viamia 

Die vom Bund lancierte, kostenlose Standortbestimmung für Personen über 40 Jahren wurde von Januar bis Dezember 2021 in elf Kantonen im Rahmen eins Pilotprojektes angeboten. Nun liegt die externe Schlussevaluation vor. 

viamia wurde vom Bund als Massnahme zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials eingeführt. Das Ziel besteht darin, durch eine regelmässige Standortbestimmung die berufliche und persönliche Situation von Personen über 40 zu analysieren und – mit Blick auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes – frühzeitig allfällige Massnahmen zu ergreifen, um die Arbeitsmarktfähigkeit dieser Personen langfristig zu erhalten.

In den ersten zehn Monaten haben 2’218 Personen das Angebot genutzt, bis zum Ende der Pilotphase wurde mit 3’000 Personen gerechnet. Zwei Drittel der Personen, die sich beraten liessen, waren Frauen, 86% hatten einen Schweizer Pass, 63% einen Tertiärabschluss und 35% einen Sek-II-Abschluss. Lediglich 1% der Befragten verfügte über keinen nachobligatorischen Abschluss.

Die Schlussevaluation zeichnet nun ein positives Bild von viamia: Die Umsetzung in den elf Kantonen sei «gut gelungen», die Zufriedenheit bei den Kundinnen und Kunden sowie bei den Beratenden insgesamt hoch. Auch bezüglich der Wirkung zeige viamia ein erfreuliches Bild. So hätten die Beratenen ihre Ziele weitestgehend erreicht.

Kritisch angemerkt wird allerdings, dass ein Grossteil der Beratenen bereits über eine gute oder sehr gute Arbeitsmarktfähigkeit verfügte. Nur rund 10% der Personen, die viamia in der Pilotphase zur Standortbestimmung genutzt haben, verfügten gemäss Evaluation über eine geringe Arbeitsmarktfähigkeit. Es gehört deshalb zu den Herausforderungen von viamia, Personen mit geringer Qualifikation oder geringen beruflichen Chancen künftig besser zu erreichen als in der Pilotphase.

Seit Januar 2022 steht viamia Personen ab 40 Jahren in der ganzen Schweiz zur Verfügung.

 

Innovationsstudie zu Elternbildungs-Settings

Im Auftrag der Dachorganisation «Elternbildung CH» hat die Berner Fachhochschule Elternbildungs-Settings und Bedürfnisse von Eltern in allen Landesteilen untersucht. Eine zentrale Herausforderung der Elternbildung liegt gemäss den Autorinnen darin, Eltern unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft überhaupt zu erreichen. Damit dies gelingt, brauche es flexible Elternbildungs-Settings, die sich an den Bedürfnissen und Interessen der Eltern orientieren. Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich die Innovationsstudie auf Mütter und Väter, die selten oder nie an institutionalisierten Elternbildungsangeboten teilnehmen – also auf die Mehrheit der Eltern.

Im Rahmen der Studie wurden Eltern aus der ganzen Schweiz explorativ zu ihren Bedürfnissen und Erwartungen an Elternbildung befragt. Mittels Literaturrecherche wurden gegenwärtige Familienstrukturen und Prognosen zum familialen Wandel in der Schweiz erhoben. Zudem wurde in innovativen Peer-Elterntreffen eine neue Form der Elternbildung erprobt und ausgewertet. Auf der Basis dieser Befunde formulieren die Autorinnen der Studie acht Empfehlungen für die künftige Elternbildung:

  • Bestehende Informationsplattformen und Elternbildungsangebote: Bessere Bekanntmachung durch Multiplikator*innen und bessere Sichtbarmachung  
  • Niederschwelliger Zugang zu Fachpersonen im Alltag fördern
  • Ausbau von digitalen Elternbildungsangeboten
  • Schulung und Einsatz von Peer-Educator*innen
  • Breitere Erprobung des innovativen Elterntreffen (Peer-to-peer-Angebot)  
  • Weiterführen gezielter Bemühungen, um Väter mit Elternbildungsangeboten besser zu erreichen
  • Thematisierung der gesellschaftlichen Leistung von Eltern und Entstigmatisierung der Nutzung von Elternbildungsangeboten 
  • Bessere Vernetzung von Angeboten für Familien

Abschliessend hält die Studie fest, das Thema Elternbildung erhalte eine im Verhältnis zu den multiplen Herausforderungen, mit denen Familien konfrontiert sind, eine relativ geringe gesellschaftliche Akzeptanz. Sie empfehlen, die Studie zum Anlass für eine breiter abgestützte Diskussion der Elternbildung zu nehmen.

 

Neue europäische Agenda für die Weiterbildung

Im Dezember 2021 hat der Rat der Europäischen Union die neue europäische Agenda für Erwachsenenbildung 2021–2030 (NEAAL 2030) publiziert. Die Agenda definiert die Prioritäten der Weiterbildungspolitik bis 2030. Sie ist auch für die Schweiz ein wichtiger Orientierungsrahmen.

Übergeordnetes Ziel der neuen Agenda ist es, «die Bereitstellung, die Förderung und die Inanspruchnahme formaler, nichtformaler und informeller Lernangebote für alle zu verbessern». Geschehen soll dies in folgenden fünf prioritären Bereichen:

  • Governance
  • Angebote und Möglichkeiten für lebenslanges Lernen
  • Zugänglichkeit und Flexibilität
  • Qualität, Chancengleichheit, Inklusion und Erfolg in der Erwachsenenbildung
  • grüner und digitaler Wandel

Die europäische Agenda vertritt einen integralen Ansatz und nimmt den gesamten Bereich der Weiterbildung in den Blick. Für die konkrete Umsetzung formuliert der Rat Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zur Gestaltung ihrer Weiterbildungspolitik. 

Die neue Agenda wird die Weiterbildungspolitik auf EU-Ebene und in den EU-Ländern in den nächsten zehn Jahren massgeblich prägen. Damit ist sie auch für die Schweiz ein wichtiger Orientierungsrahmen.

Cedefop European Skills Index

Das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP), eine Agentur der Europäischen Union, hat im Februar 2022 seinen dritten Europäischen Qualifikationsindex (ESI) veröffentlicht. Gemäss dieser Analyse ist eine allmähliche Annäherung zwischen den Systemen zur Entwicklung von Kompetenzen in Europa erkennbar. Gleichzeitig sind die Qualifizierungssysteme mit den Herausforderungen der Covid-19-Pandemie und des grünen sowie des digitalen Wandels konfrontiert, was gemäss Einschätzung des Cedefop die Unterschiede zwischen den Ländern wiederum vergrössern könnte.

Der ESI misst die Leistung der Qualifikationssysteme der 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Islands, Norwegens, Grossbritanniens und der Schweiz, indem er drei verschiedene Dimensionen mit insgesamt 15 Indikatoren untersucht. Die Dimension «Qualifikationsentwicklung» bewertet die unmittelbaren Ergebnisse der im Rahmen von Bildungsmassnahmen erworbenen Qualifikationen. 

Die Dimension «Aktivierung von Qualifikationen» betrifft den Übergang von der Bildung ins Berufsleben und den Arbeitsmarkt. Die Dimension «Qualifikationspassung» (skills matching) schliesslich gibt Aufschluss über den Grad der erfolgreichen Nutzung von Qualifikationen und das Ausmass, in dem Qualifikationen den Anforderungen des Arbeitsmarktes tatsächlich entsprechen (Bsp. Über- oder Unterqualifizierungsquote und Qualifikationsinkongruenz).

In der Rangliste 2022 werden die Länder in vier Kategorien eingeteilt: Spitzenreiter, Länder im oberen Mittelfeld, Länder im unteren Mittelfeld und Länder mit niedrigem Leistungsniveau. An der Spitze der Rangliste stehen Tschechien, Finnland, Estland und Dänemark. Die Schweiz rangiert wie schon beim letzten Index vor zwei Jahren auf Platz 15. Dass es die Schweiz nur in die Kategorie «unteres Mittelfeld» schafft, liegt daran, dass sie bei der Aktivierung der Kompetenzen von «unterbeschäftigten Teilzeitbeschäftigten» den letzten Platz belegt. Betrachtet man aber bsp. nur die Dimension «Entwicklung von Kompetenzen», so befindet sich die Schweiz auf Rang 3.

 

EPALE-Manifest für mehr Nachhaltigkeit in der Erwachsenenbildung

An der EPALE Community Conference vom Oktober 2021 haben sich Akteure aus der Erwachsenbildung mit der Frage auseinandergesetzt, was es bräuchte, um die Erwachsenenbildung «grüner» zu machen. Resultat der Auseinandersetzung war ein Manifest für eine Erwachsenenbildung, die sich stärker auf Nachhaltigkeit ausrichtet. 

Die konkreten Forderungen beziehen sich auf vier Bereiche:

«Grüne Life-Skills» sollen in Erwachsenenbildungsprogramme und in die Grundkompetenzförderung integriert werden. Dazu brauche es neben Wissen und Werkzeugen eine gemeinsame Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sowie die Inklusion marginalisierter Gruppen.

Politische Strategien werden gefordert, um die Kompetenzen im Umgang mit Nachhaltigkeit – gemäss Manifest ein Grundbedürfnis und Grundrecht des Menschen – zu fördern. Deren Umsetzung erfordere Zusammenarbeit und Koordination zwischen verschiedenen politischen Akteuren auf lokaler und europäischer Ebene.

Austausch, Partnerschaften und Synergien zwischen Institutionen sollen Innovationen und Weiterentwicklung ermöglichen und so zur Nachhaltigkeit beitragen.

Und schliesslich fordert das Manifest, dass Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner sich als Vorbilder sehen, sich selbst mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen, diese in ihr Wertesystem integrieren und entsprechend handeln. Zu dieser Forderung gehört auch, dass die Erwachsenenbildung mehr Ressourcen und bessere Arbeitsbedingungen brauche.

 

 

 

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