23.11.2021
N°2 2021

Verschiebungen von Aufgaben und Anforderungen des hauptberuflichen Weiterbildungspersonals? Historische Rückschau und aktuelle Befunde

Angesichts der digitalen Transformation wird für das hauptberufliche Weiterbildungspersonal diskutiert, ob und inwieweit sich deren Aufgaben, Anforderungen sowie die zugrunde liegenden Berufsbilder wandeln. Angelehnt an diese Fragestellung werden zunächst in einer kurzen Rückschau wesentliche historische Eckpunkte der wissenschaftlichen Reflexion über Aufgaben und Anforderungen des hauptberuflichen Weiterbildungspersonals nachvollzogen. Anschliessend werden Ergebnisse aus einer Stellenanzeigenanalyse (2013 bis 2020) vorgestellt und zeithistorisch eingeordnet. Zwar zeichnen sich neue Aufgaben und ein zunehmender Bedarf an Medienkompetenz ab, die seismographische Funktion des hauptberuflichen Weiterbildungspersonals bildet jedoch den beständigen Kern ihrer Aufgaben. Davon ausgehend wird abschliessend die Notwendigkeit von Gestaltungskompetenzen diskutiert.

In der Weiterbildung hat sich historisch eine Differenzierung zwischen einerseits hauptberuflich Beschäftigten und andererseits frei- oder nebenberuflich Lehrenden oder Trainer*innen etabliert. Zu den hauptberuflich Beschäftigten zählen vor allem die hauptamtlich pädagogischen Mitarbeitenden (HPM) und Weiterbildungsmanager*innen, denen planend-disponierende oder organisatorisch-leitende Aufgaben obliegen. Dabei können sich ihre Aufgaben- und Tätigkeitsfelder vielfältig ausgestalten und ebenso sind die notwendigen Voraussetzungen für die Übernahme einer hauptberuflichen Tätigkeit in der Weiterbildung bis heute nicht eindeutig bestimmt.

Im Zuge der digitalen Transformation als gesamtgesellschaftliche Umbruchsituation wird auch für das hauptberufliche Weiterbildungspersonal aktuell diskutiert, ob und inwieweit sich deren Aufgaben, Anforderungen oder sogar die zugrundeliegenden Berufsbilder wandeln. Ein Rückblick in den Professionalisierungsdiskurs der Weiterbildung lässt deutlich werden, dass sich diese Fragen auch zu anderen historischen Zeitpunkten stellten. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Beitrag mit (möglichen) Verschiebungen von Aufgaben und Anforderungen des hauptberuflichen Weiterbildungspersonals im Zeitverlauf und der Frage, was dies für bestehende Berufsbilder bedeutet.

In einem kurzen Rückblick werden dazu zunächst markante historische Eckpunkte der wissenschaftlichen Reflexion über Aufgaben und Anforderungen des hauptberuflichen Weiterbildungspersonals nachvollzogen. Im Anschluss werden Ergebnisse aus einer aktuellen Studie zu hauptberuflichen Stellenprofilen in der öffentlichen Weiterbildung in Deutschland vorgestellt und mit Blick auf die Ausgangsfrage diskutiert.

Professionalisierungsdiskurs zum hauptberuflichen Weiterbildungspersonal

Erste Formen hauptberuflicher Tätigkeiten lassen sich im deutschsprachigen Raum zwar bereits in der Volksaufklärung und in der Weimarer Republik rekonstruieren, jedoch führten erst die westdeutschen Bildungsreformen und Professionalisierungsbestrebungen der 1960er und 1970er Jahre zu einem systematischen Ausbau hauptberuflicher Stellen in der Weiterbildung (Nittel 2000; Seitter 2011). In diesem Zeitraum entstand auch das idealtypische Berufsbild des/der hauptberuflich-pädagogischen Mitarbeitenden (HPM) mit einem Schwerpunkt auf Planungs- und Leitungsaufgaben. Dem Berufsbild obliegt vor allem eine seismografische Funktion, die darin besteht, Entwicklungen aufzuspüren und gesellschaftliche Bedarfe sowie subjektbezogene Bedürfnisse zu erfassen, um sie in Bildungsprogramme zu transferieren. Der Weiterbildungsdiskurs konzentrierte sich bis in die 1980er Jahre vorwiegend auf die konzeptionelle Ausformulierung von Tätigkeitsfeldern und Aufgaben, die in Arbeitsplatzbeschreibungen mündeten, z.B. in den Blättern für Berufskunde, die ab 1964 von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegeben wurden. Als zentrale Aufgaben werden u.a. die Programmplanung, Bedarfserkundung und Beratung von Dozierenden und Teilnehmenden hervorgehoben. Die dazugehörigen (Kompetenz-)Anforderungen werden zu diesem Zeitpunkt selten thematisiert, da das Interesse weniger auf das Berufshandeln selbst, sondern mehr auf strategische und berufspolitische Aspekte gerichtet war (Nittel 2000, S. 120). Hinweise liefern jedoch einige Stellenanzeigenanalysen, in denen z.B. Organisationstalent, Kontaktfähigkeit, Bereitschaft zur Teamarbeit und Kooperation, Dynamik, Initiative, Kreativität, Aufgeschlossenheit und Engagement als zentrale Anforderungen benannt werden (Peters-Tatusch 1981, S. 6).

Im Zuge eines neoliberalen Strukturwandels im gesamten Bildungsbereich, der u.a. durch Verwaltungsreformen in Anlehnung an ein New Public Management und eine zunehmend marktwirtschaftliche Ausrichtung der Weiterbildung forciert wurde, gewinnen seit den 1990er Jahren Drittmittelakquise, Bildungsmarketing, Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung für das hauptberufliche Weiterbildungspersonal an Bedeutung (Kraft, Seitter & Kollewe 2009; von Hippel & Fuchs 2009). Im Professionalisierungsdiskurs rückte dadurch das Weiterbildungsmanagement als eigenständiges «Qualifikationsprofil» (Marburger & Griese 2011, S. 222) in den Vordergrund, das dann neben der Programm- bzw. Produktplanung auch Aufgaben wie Personalmanagement oder Bildungscontrolling umfasst (z.B. Zech 2010). Begleitend werden ansatzweise auch Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz für das Bildungsmanagement ausformuliert, wie z.B. Selbstreflexivität, Rollenbewusstsein und Führungskompetenz (Marburger & Griese 2011). Während die Konzepte zum Bildungsmanagement vor allem auf betriebswirtschaftliche Ansätze rekurrieren, wird davon abgrenzend die erwachsenenpädagogisch ausgerichtete Planungstätigkeit weiter profiliert und als zentraler Aufgabenbereich von HPM konzeptionell ausdifferenziert. Auch hier richtet sich das Augenmerk vermehrt auf das notwendige Wissen und Können der Hauptberuflichen wie diagnostische und analytische Fähigkeiten, aber auch Beratungs-, Reflexions- oder Deutungskompetenzen (Gieseke 2003).

Die zunehmende Perspektivverschiebung von den Aufgaben und Tätigkeiten hin zu den notwendigen Kompetenzen des Weiterbildungspersonals lässt sich aus verschiedenen Entwicklungen des Feldes erklären. So werden seit den 2000er Jahren Stand und Fortschritt der Professionalisierung überwiegend skeptisch betrachtet, denn trotz der bildungs- und verbandspolitischen Bemühungen haben sich keine einheitlich geregelten Zugangsvoraussetzungen, qualifikatorische Mindeststandards oder Berufsbezeichnungen etabliert (Peters 2004). Laut WB Personalmonitor verfügt in Deutschland nur jede*r vierte Beschäftigte in der Weiterbildung über einen pädagogischen Studienabschluss und 60 Prozent über eine pädagogische Zusatzqualifikation. Zwar ist nicht erfasst, wie sich diese Verteilung in den unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen niederschlägt (Martin et al. 2016), es ist aber anzunehmen, dass auch das hauptberufliche Weiterbildungspersonal nicht durchweg pädagogisch qualifiziert ist. Des Weitern zeichnet sich eine zunehmende Entgrenzung erwachsenenpädagogischer Tätigkeiten ab, indem diese einerseits in kommerzielle, kulturelle, soziale und betriebliche Kontexte diffundieren (Seitter 2011). Andererseits erscheinen auch die Tätigkeitsfelder innerhalb der Weiterbildung zunehmend entgrenzt: So übernehmen Verwaltungsmitarbeitende ebenfalls Aufgaben im Bereich Programmplanung, Beratung, Betreuung von Kursleitenden oder Bildungsmarketing. In Abgrenzung zu hauptberuflich planend-disponierenden Mitarbeitenden (HPM) etabliert sich hier das als Assistenz angelegte Profil der organisatorisch-pädagogischen Mitarbeitenden (OPM) (von Hippel & Fuchs 2009). Weitere Studien bestätigen, dass die Grenzen der Tätigkeiten von HPM, OPM, Verwaltungsmitarbeitenden und Kursleitenden fliessend sind (z.B. Dietsche 2015; Schneider 2019).

Die sich vor diesem Hintergrund abzeichnende Verlagerung der Diskussion auf die Professionalität der Beschäftigten im Sinne ihres situativen pädagogischen Handlungsvermögens, die in den 1990er und frühen 2000er Jahren noch fragmentiert geführt wurde, führte in den letzten Jahren verstärkt zur Entwicklung von Kompetenzmodellen sowie Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren, um auf diese Weise pädagogische Mindeststandards und Qualität zu sichern. Für das hauptberufliche Weiterbildungspersonal wurde in der Schweiz z.B. das AdA-Modell (Überblick: Gruber 2018, vgl. auch Schubiger 2021 in diesem Heft) und in Deutschland das KomPla-Modell (von Hippel 2019) entwickelt.

Neue Stellenprofile durch den digitalen Wandel?

Angesichts der gegenwärtigen digitalen Transformation rücken neue Fragen in den Professionalisierungsdiskurs. So ist auch das hauptberufliche Personal in der Weiterbildung mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert, die sich beispielsweise auf die technischen Voraussetzungen oder auf die Umsetzung von innovativen Digitalisierungsstrategien in Einrichtungen beziehen (Bernhard-Skala 2019). Diskutiert wird unter anderem, ob und inwieweit auch diese Entwicklungen zu einer Veränderung von Aufgaben führen und ob sich hier möglicherweise neue Profile und Spezialisierungen abzeichnen (Rohs 2019, S. 126). Um dies empirisch genauer zu erkunden, haben wir eine explorativ angelegte Stellenanzeigenanalyse im Volkshochschulbereich von 2013 bis 2020 durchgeführt (Alke & Uhl 2021). In einem ersten Schritt wurde der Datenkorpus (n=664) mittels lexikalischer Suche auf jene Stellen eingegrenzt, die Bezüge zur «Digitalisierung» aufweisen. Es konnten 322 Stellenanzeigen herausgefiltert werden, die in einem zweiten Schritt kategorial ausgewertet wurden. Als Aufgaben werden u.a. die Konzeption digitaler Bildungsformate, die Beratung und interne Fortbildung von Lehrenden und die Entwicklung eines digitalen Bildungsmarketings genannt. Kompetenzanforderungen, die in direkter Verbindung zur Digitalisierung stehen, sind beispielsweise Medienkompetenz bzw. digitale Kompetenzen, Erfahrungen in der Planung und Durchführung von Lernangeboten mit digitalen Technologien, eine hohe Affinität zu digitalen (auch sozialen) Medien oder der Überblick über aktuelle Entwicklungen der Digitalisierung im Weiterbildungsbereich. In einigen Stellenanzeigen wird zudem ein Studienabschluss in Medienpädagogik oder verwandten Fachrichtungen als formale Qualifikationsvoraussetzung (mit-)angeführt.

Auf Basis der kategorialen Auswertung wurde dann eine Typologie zur Ausrichtung von «digitalisierungsbezogenen» Aufgaben und Anforderungen entwickelt, bestehend aus drei Typen:

  • Fokussierte Stellenprofile sind durch einen exponierten Digitalisierungsbezug charakterisiert, da z.B. die Entwicklung einer einrichtungsspezifischen Digitalisierungsstrategie oder die konzeptionelle Umsetzung von digitalen Lehr-Lern-Formaten in der Gesamteinrichtung im Mittelpunkt des Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiches stehen. Einerseits sind diese fokussierten Stellenprofile mit strategisch-konzeptionellen Digitalisierungsaufgaben langfristig als Querschnitts- oder Stabsstellen jenseits der klassischen Programmbereichsstruktur angelegt. Andererseits sind sie auch mit der Verantwortung für einen Programmbereich verknüpft, überwiegend im Kontext von Beruf, Arbeit und EDV/IT, wobei der Zuständigkeitsbereich programmatisch z.B. als «Digitalisierung und berufliche Bildung» ausformuliert wird. Daneben finden sich auch fokussierte Stellenprofile, die projektbezogen angelegt, teils drittmittelfinanziert und zumeist niedriger dotiert sind als die langfristig angelegten Stellen. Im Fokus stehen dann entweder ein Projektvorhaben, z.B. digitale Grundbildung, oder organisatorisch-technische Serviceaufgaben wie die Betreuung von digitalen Lernplattformen. Jedoch werden auch hier pädagogische Aufgaben sichtbar, z.B. die mediendidaktische Beratung von Dozierenden. Dadurch erwecken einige Anzeigen den Eindruck, dass vormals organisatorisch-pädagogische Stellen (OPM) zu «Digitalisierungsbeauftragten» umgewidmet wurden. Auffallend in fast allen fokussierten Stellenprofilen ist unabhängig von ihrer Ausrichtung und Dotierung, dass Medienpädagogik als qualifikatorische Fachrichtung exponiert wird und auch die Kompetenzbeschreibungen zumeist recht umfassend auf das Thema «Digitalisierung» Bezug nehmen.
  • Integrierte Stellenprofile sind demgegenüber nicht exponiert angelegt, sondern beinhalten eine oder mehrere klar umrissene Aufgaben mit Digitalisierungsbezug, für die konkrete Kompetenzanforderungen ausgewiesen werden. Die Aufgaben und Anforderungen erscheinen in diesen Ausschreibungen rekursiv abgestimmt, jedoch eher ergänzend. Dabei handelt es sich überwiegend um Programmbereichs- oder Einrichtungsleitungen, die am klassischen Berufsbild HPM orientiert sind.
  • Unter additiven Stellenprofilen werden solche Anzeigen subsumiert, in denen einzelne Aufgaben und/oder Anforderungen mit Bezügen zur Digitalisierung zwar angegeben werden, jedoch diffus erscheinen, da sich keine direkte Verbindung zwischen den Beschreibungsebenen abbildet oder Aufgaben bzw. Anforderungen ohne das entsprechende Pendant formuliert werden.

Die quantitative Auswertung des gesamten Datenkorpus zeigt eine deutliche Zunahme von Aufgaben und Anforderungen mit Digitalisierungsbezug in den Stellenanzeigen: Während der Wert im Jahr 2016 bei noch unter 40% liegt, weisen im Jahr 2020 fast 80% aller Stellenanzeigen Digitalisierungsbezüge auf. Mit Blick auf die quantitative Verteilung der drei skizzierten Typen zeigt sich, dass im 2016 überwiegend additive Erweiterungen digitalisierungsbezogener Aufgaben und Anforderungen vorgenommen wurden, im Verlauf der Jahre dann aber die fokussierten Stellenprofile zunehmen (Alke & Uhl 2021, S. 257). In den aktuellen Auswertungen für das Jahr 2021 setzt sich dieser Trend deutlich fort.

Seismografische Funktion und Medienkompetenz

Es ist zu resümieren, dass sich für das hauptberufliche Weiterbildungspersonal im Zuge der digitalen Transformation offenkundig neue Aufgaben ergeben und bisherige verändern oder anders gewichten. Vor diesem Hintergrund entstehen auch neue Stellenprofile, die von den Organisationen ausformuliert werden. Insbesondere die fokussierten Stellenprofile verweisen auf Veränderungen in der Systematisierung organisationsinterner Zuständigkeiten und Funktionsbereiche, die sich jenseits traditioneller Programmbereichsstrukturen abzeichnen. Im Kern obliegen jedoch auch diesen Stellen mit ihrer Fokussierung auf strategisch-konzeptionelle und multiplikatorische Aufgaben jene seismografischen, planend-disponierenden und beratenden Funktionen, für die im idealtypischen Sinne das Berufsbild HPM steht. Dadurch ist es nicht überraschend, dass in diesen Stellenanzeigen auch Kompetenzen wie z.B. Experimentierfähigkeit, Kreativität, Innovationsbereitschaft, Organisationsgeschick oder Teamfähigkeit gefordert werden, die bereits in ähnlicher Weise in der ersten Ausgabe der Blätter für Berufskunde 1964 für HPM formuliert wurden. Wenngleich die genannten Aufgaben durchaus andere Gestalt annehmen, scheinen sich erforderliche Kompetenzen historisch nicht substanziell verändert zu haben. Jedoch spiegeln die Befunde – in der Tendenz – eine deutliche Zunahme der Wichtigkeit von Medienkompetenzen bzw. digitalen Kompetenzen wider, die in den historischen Konzeptionen und empirischen Untersuchungen in diesem Ausmass nicht zum Ausdruck kommen. Dies korrespondiert mit anderen aktuellen Studien, die auf die zunehmende Notwendigkeit digitaler Kompetenzen und entsprechend hohe Anforderungen an das Weiterbildungspersonal verweisen (Sgier, Haberzeth & Schüepp 2018). Anknüpfend an Modelle medienpädagogischer Kompetenz von Lehrenden (Schmidt-Hertha et al. 2017) lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass Medienkompetenz als grundlegende Handlungskompetenz für hauptberuflich-pädagogisch Beschäftigte eine ähnliche Relevanz besitzt. Auch mediendidaktische Kompetenz erscheint notwendig, aber weniger im mikro- als im mesodidaktischen Sinne, da es vor allem darum geht, programm- und einrichtungsbezogene Konzepte für digitale Lernformate zu entwickeln. Auch der Anspruch an medienbezogene Feldkompetenz spiegelt sich in den Befunden deutlich wider. Darunter wird die Fähigkeit gefasst, Medienkompetenz von Lehrenden und Adressat*innen, deren digitales Lern- und Nutzungsverhalten sowie digitale Technologien und bildungsbezogene Nutzungsmöglichkeiten erfassen und einschätzen zu können (ebd. S. 36), um Ansatzpunkte für die Programm- und Angebotsentwicklung und das Bildungsmarketing zu entwickeln sowie Massnahmen für die Organisations- und Professionalitätsentwicklung in den Einrichtungen abzuleiten. Die hohe Bedeutung medienbezogener Feldkompetenz bestätigt sich auch in einer Interviewstudie von Lacher (2021) zu veränderten Kompetenzanforderungen, die zudem auf den starken Einfluss der medienbezogenen Einstellungen des hauptberuflichen Personals auf die Umsetzung und Reichweite von Digitalisierungsvorhaben in Einrichtungen aufmerksam macht. Nicht nur diese Befunde, sondern auch die aktuellen Stellenanzeigen vermitteln letztlich, dass offenkundig Bedarfe an medienbezogener Kompetenz(-entwicklung) in den Einrichtungen bestehen.

Resümee und Ausblick

Mit Blick auf die Ausgangsfrage lässt sich zunächst eine diskursive Verschiebung bilanzieren: Während in der Bildungsreform-Ära vor allem die Konzeption von Aufgaben und die Abgrenzung von Tätigkeitsfeldern im Vordergrund standen und im Zuge des neoliberalen Strukturwandels tätigkeitsbezogene Entgrenzungen und neue Stellenprofile thematisiert wurden, lässt sich in den letzten Jahren eine Diskursverschiebung auf die Kompetenz des Weiterbildungspersonals beobachten. Damit wird die theoretische und empirische Auseinandersetzung mit veränderten Aufgaben nicht weniger relevant, denn darüber lassen sich neue Kompetenzanforderungen sichtbar machen. Indes wird deutlich, dass die sich verändernden Aufgaben und Anforderungen immer auch ein Ausdruck gesellschaftspolitischer Entwicklungen sind. Offen bleibt dabei jedoch, ob sich nicht zuweilen eher ihre Thematisierung gewandelt hat als die Aufgaben und Anforderungen selbst. In diesem Zusammenhang wäre auch zu fragen, ob sich die skizzierten historischen Zäsuren disruptiv auf die Formierung und den Wandel von Berufsbildern ausgewirkt haben. So sprechen die vorgestellten Ergebnisse aus der Stellenanzeigenanalyse eher für einen inkrementellen Wandlungsprozess. Um genauer ermessen zu können, wann (tatsächlich) neue Aufgaben und Anforderungen in Erscheinung traten, braucht es weitere Längsschnittanalysen und diachrone Vergleiche, welche die Entwicklung von Aufgaben, Kompetenzanforderungen und Berufsbildern in der Weiterbildung über einen längeren historischen Zeitraum betrachten. Dadurch wäre es auch möglich, die unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen in ihrem Verhältnis und ihrer Priorisierung zu betrachten, auch dahingehend, welche Standards sich historisch ausgeprägt und möglicherweise geändert haben. Dies wäre auch mit Blick auf die tendenzielle Zunahme von Medienkompetenz als Anforderung von Relevanz. Eine solche empirische Untersuchung wäre angesichts der sich andeutenden Bezugnahme auf die Fachrichtung Medienpädagogik als qualifikatorische Voraussetzung auch aus disziplinpolitischer Perspektive bedeutsam.

Weitet man den Blick auf aktuelle Diskussionen, dann scheint Medienkompetenz nicht allein den Kern aktueller Anforderungen zu bilden. Vor dem Hintergrund der skizzierten vielfältigen Aufgaben und Anforderungen wird evident, dass die digitale Transformation sämtliche Kompetenzbereiche tangiert, wie es derzeit auch für Lehrende diskutiert wird (Strauch & Alberti 2021). Wenn das hauptberufliche Personal aufgefordert ist, Veränderungen und Trends frühzeitig zu antizipieren, (kritisch) einzuschätzen und konkrete Massnahmen in den Organisationen umzusetzen, braucht es fach- und feldspezifisches Wissen, z.B. in Bezug auf neue Technologien wie etwa Lern- und Kollaborationsplattformen, zur Analyse und Evaluation von Daten sowie für den Umgang mit Datenschutz und Persönlichkeitsrechten im digitalen Raum. Dadurch rücken für die Beschäftigten auch berufsethische Fragen und professionell-pädagogische Werthaltungen in den Vordergrund, um pädagogische Qualitätsansprüche und professionelle Standards in den Weiterbildungsorganisationen zu gewährleisten. Zudem gibt es einige empirische Befunde, die auf die teils defensiv-kritischen Einstellungen von Lehrenden zur digitalen Transformation (Bolten-Bühler 2021) oder auf die Schlüsselrolle des Bildungsmanagements hinweisen, um digitale Innovationen, die Kompetenzentwicklung und kooperative Lernprozesse zwischen Mitarbeitenden anzuregen (Filzmoser 2021). Angesichts dieser Befunde liegt die Notwendigkeit von Führungs- und Gestaltungskompetenzen auf der Hand, um Motivation bei Lehrenden, (Verwaltungs-)Mitarbeitenden oder Teilnehmenden zu bewirken und erforderliche Veränderungsprozesse auf den Weg zu bringen. Gestaltungskompetenz meint dabei, über solche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verfügen, die Veränderungen ermöglichen, ohne dass diese nur eine Reaktion auf vorher schon erzeugte Problemlagen sind (vgl. de Haan 2002, S. 15). Dass sich hierin ein komplexer Anspruch für das Weiterbildungspersonal widerspiegelt, hat die Pandemie offen zutage gebracht. Gleichwohl zeigt diese krisenhafte Situation, dass die im Professionalisierungsdiskurs vielfach betonte Reflexionsfähigkeit allein nicht ausreicht, sondern eben auch Gestaltungskompetenz erforderlich ist, um «die Zukunft als offen und gestaltbar begreifen zu können und mit dieser Haltung verschiedene Handlungsoptionen aus gegenwärtigen Zuständen heraus zu entwickeln. Kreativität, Phantasie und Imaginationsvermögen sind wichtige Elemente dieser Kompetenz» (ebd.).

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Matthias Alke, Juniorprofessor im Arbeitsbereich Erwachsenen- und Weiterbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Kontakt: Matthias.Alke@hu-berlin.de